Modellflug in Würzburg
Mein Start in den Heliflug
Hubschrauberfliegen ist eine echte Herausforderung. Der Heli fliegt nicht eigenstabil, d.h. wenn man in einer Krisensituation die Knüppel loslässt, fängt es sich nicht selbst ab wie ein Flächenmodell, sondern bewegt sich unbeirrt weiter in Richtung Einschlag.
Meine ersten Erfahrungen habe ich vor mehr als 40 Jahre mit einem Schlüter Heli-Baby gesammelt. Ohne jegliche elektronische Stabilisierung, mit einem stotternden 6,5er Motor und immer leicht verzogenen Rotorblättern aus Holz dauerten die Flüge bei meinem fliegerischen Können immer weniger als 10 Sekunden. Dann waren Ersatzteile erforderlich. Nach einem halben Jahr war ich als Schüler restlos pleite und ich habe die Sache aufgegeben und künftig nur noch Fläche geflogen.
Aus knallender Langeweile habe ich dann Ende 2014 im Simulator mal einen Heli eingestellt. Ich weiss nicht warum, aber plötzlich war ich infiziert vom Heli-Virus.
Die ersten Versuche am Simulator waren natürlich wieder depremierend. Beim Schweben drehte sich das Ding, wanderte in irgendeine Richtung weg und schlug ein. Rundflüge im Stil der Flächenmodell klappte gut, aber irgendwann will man ja auch mal wieder heile landen. Wie komme ich dahin?
Im Internet gesurft und den goldenen Link gefunden: Im US-Heliforum hat ein Mitglied eine Trainingsanleitung erstellt: From tail-in to all 8s and funnels in 6 months.
Er gibt ausführliche Hinweise, wie man üben soll (jeden Tag mindestens einmal 20 Minuten) und was man üben soll:
Es fängt an mit auf-der-Stelle Schweben, dabei aber soll der Heli sich einmal pro Minute um die Hochachse drehen - so lernt man den Heli in allen Positionen zu beherrschen.
Ich habe eine Woche gebraucht, bis die erste vollständige Umdrehung auf der Stelle geklappt hat. Ein Erfolgserlebnis sondergleichen! Danach folgen die weiterführenden Trainings: Achten, Flips und Rollen, Auf-dem-Kopf schweben, ... Ich habe für die ersten drei Lektionen 3 Monate gebraucht, und im Anschluss ans Training immer noch Spassflüge gemacht mit Turns, Loopings, Stops, ...
Es ist übrigens (fast) völlig Egal, mit welchem Simulator man das übt. Ich habe Reflex XTR und einen Heli-X. Letzterer läuft auf auch Apple und so konnte ich abends am Küchentisch mit dem MacBook parallel zur Tagesschau üben.
Gleichzeitig habe ich mich natürlich nach einem echten Heli umsgeschaut. Die kleinen 250er und 450er sind preiswert, und die Reparaturkosten sehr gering, aber im Simualtor waren die doch sehr nervös. Je größer, je besser! Dann kam das absolute Sonderangebot: Ein Blade 550X komplett mit vollständiger Elektronik (ohne Empfänger und Akku) für "nur 650 €". Gekauft, zwei Monate in den Keller gestellt und weiter trainiert. Jeden Abend.
Die Tage wurden wieder länger und jetzt sollte der Heli zusammengebaut und eingestellt werden. Beim Öfnnen des Kartons steht man etwas ratlos vor den vielen Tüten, aber die Anleitung ist wirklich gut.
Auf Youtube gibt es ein fünfteiliges Video über den Bau, so dass man auch Antworten auf die Fragen bekommt, die man als Anfänger so hat, die aber nicht im Manual stehen: Wieviel Schraubensicherungslack? Wie das Zahnradspiel einstellen? ...
Und so fing ich halt an ...
Lager einbauen und fetten, Schrauben entfetten, Sicherungslack, ... und schon ist der Kopf fertig:
Nun ging es wirklich los: Matthias und Simon schauten nochmal drüber, korrigierten eine falsche Einstellung, und plötzlich stand der Heli mitten auf dem Platz und ich mit der Fernsteurung daneben. Lehrer-Schüler oder Einfliegen durch die beiden Experten ging nicht: Ich fliege Mode 1.
Ohne zu messen: Noch nie war mein Adrenalinspiegel so hoch wie in diesem Moment. Beherzt Pitch gegeben, der Heli sprang einen Meter hoch und stand wie angenagelt in der Luft! Unfassbar. Dann vorsichtig die Knüppel bewegt und es ging genau so wie am Simulator, aber noch träger, sicherer, langsamer. Unendliche Begeisterung!
Die anderen riefen plötzlich "höher, höher": Beim Üben am Simulator hat man das schwebende Modell immer in Augenhöhe, ich hab's natürlich genau so gemacht, aber in Real sollte ein Anfänger doch immer etwas mehr Sicherheitshöhe haben. Nach etwa 2 Minuten habe ich dann allen Mut zusammengenommen und die erste Runde gedreht. Nach drei Minuten war ich mit den Nerven so weit runter, dass ich zur Landung angesetzt habe - und auch das gelang!
Danach gabs kein Halten mehr. Ich bin in dem Jahr nur noch Heli geflogen und habe etwa 80 Flüge gemacht. Ab Mitte des Jahres stieg auch der Puls vor dem Start nicht mehr an und es machte einfach nur noch Spass. Zwei Abstürze hatte ich in dem Jahr, den Ersten ausgerechnet beim 13. Flug!
Nach so einem Absturz wegen Pilotendummheit weiss man, immer, was man denifiv nicht machen sollte. Aber es bleiben ja noch genügend Dummheiten, die man noch nicht gemacht hat!
Fazit:
Helifliegen macht wirklich Spass! Mit genügend Simulatortraining - besonders mit dem Trainingsprogramm aus dem Internet ist es auch eine sichere Sache. Den Hick-Hack Akrobatik Flug werde ich in meinem Alter niemals mehr lernen, aber fortgeschrittener Rundflug mit Turns, Loopings und Rollen ist doch auch schön. In den ersten zwei jahren habe ich mit diesem Modell etwa 200 Flüge gemacht. Es wären sicher mehr geworden - aber dann ist mir ein zweites Modell "dazwischen gekommen", aber das ist eine andere Geschichte.